Die Online-Dienstleistungen der Springer-Verlagsgruppe

Thomas Rakow, Springer-Verlag Heidelberg, Email: rakow@springer.de

Der wissenschaftliche Springer-Verlag setzt weniger als 1% seines Umsatzes direkt mit elektro-nischen Produkten um. Allerdings sind die Buch- und Zeitschriften eng mit elektronischen Medien (EM) verbunden. Einige Bücher werden von CD-ROMS begleitet, erscheinen in der Statistik aber nur als einfaches Buch. Mehr als 300 der den größten Teil des Umsatzes repräsentierenten Zeitschriften sind in einer elektronischen Version online verfügbar. Im Springer-Verlag und seinen Tochterunternehmen in aller Welt wächst also immer mehr die Bedeutung elektronischer Medien.

Umsatzverteilung der Springer-Verlagsgruppe 1996

Wie inzwischen jede Firma ist auch der Springer-Verlag im Internet mit seinen Webservern vertreten. Produktinformationen liegen hier suchbar und auch ‘push’-bar vor. Gemäß einem individuellen Interessengebiet können aktuelle Produktinformationen direkt nach Erscheinen dem Interessenten mitgeteilt werden. Deren multimedialen Beschreibungen erlauben beispielsweise bei der CD-ROM ‘Albert’ Versuche aus der Physik anschaulich zu demonstrieren und zum Test auch auf den heimischen PC laden zu lassen. Die Audio- und Videosequenzen der ‘Vögel Europas’ sagen mehr als die 1000 Worte eines Textes über diese CD-ROM.

Die Merkmale wissenschaftlichen Publizierens garantiert ein Verlag dem Leser auch im Web. Wissenschaftliche Beiträge durchlaufen vor ihrer Veröffentlichung in der Regel einen Begut-achtungsprozeß (Peer-Review). Die Publikation in einer im jeweilgen Fachgebiet anerkannten Zeitschrift erlaubt dem Leser, sich auf die inhaltliche und technische Qualität der Information verlassen zu können. Insbesondere Eigenschaften wie Lesbarkeit, Zitierbarkeit und Archivier-barkeit dürfen im Web nicht aufgegeben werden. Wertvolle Erfahrungen hat der Springer-Verlag hierzu im BMBF-gefördertem Projekt ‘Medoc’ gesammelt.

Das gesamte wissenschaftliche Zeitschriftenprogramm umfaßt über 400 Titel in der Springer-Gruppe, mehr als 300 von ihnen sind zusätzlich zur gedruckten Ausgabe inzwischen auch online im LINK Informationsservice verfügbar. Abonnenten bekommen die elektronische Version als Basiszugang für drei simultane Nutzer kostenlos in der Volltextausgabe. Wissenschaftler profitieren davon direkt an ihrem Arbeitsplatz. Der LINK-Informationsdienst besitzt einen Webserver in Heidelberg und einen über eine Standleitung verbundenen Webserver in New York. Anhand eines Nutzernamens und Paßworts, bei institutionellen Nutzern auch anhand der IP-Adresse wird die Autorisierung überprüft. Jeder Webserver besitzt eine Kopie der Zugriffsrechte aller Kunden, so daß sich beispielsweise australische Nutzer den besten Zugang aussuchen können.

Die Weiterentwicklung der Online-Dienstleistungen erfolgt auch über gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit deutschen und europäischen Institutionen. In ‘Global-Info’ wird der elektronische Publikationsprozeß durch Universitäten, Verlage, Abstracting-Dienste, Bibliotheken und Fachgesellschaften weiterentwickelt. Das multimediale Buch wird in drei Projekten entwickelt. In ‘OpenMath’ werden mathematische Formeln zum Leben erweckt: ‘Mathematics comes alive!’

Die Kooperation mit anderen Online-Services ist eine wesentliche Zielsetzung von LINK. Für die Verlinkung sollen nicht kurzlebige URL eingesetzt, sondern Digital Object Identifier (DOI) verwendet werden. Das DOI-System besteht aus der Definition eines Nummernsystems zur eindeutigen Identifizierung von Objekten im Internet und aus einer Rechnerinfrastruktur zu dessen Unterstützung für Online-Services. Eine Reihe von Verlagen, unter ihnen auch der Springer-Verlag, haben das DOI-System in Prototypen getestet und erste positive Erfahrungen gesammelt. Bestehende Nummernsysteme werden integriert und auch das Problem von ins Leere zeigenden Verweisen in Webseiten wird gelöst. Hierfür wird von der DOI-Foundation ein Handle-Server betrieben, der einer DOI eine URL (Universal Resource Locator) als Webadresse zuordnet. Diese Zuordnung kann jederzeit aktualisiert werden, so auch beim Rechteverkauf und damit dem Umzug eines Objektes von einem Rechner zu einem anderen. Der DOI ändert sich dabei nicht, die URL wird vom neuen Besitzer geändert! Im LINK-Service ‘Online First’ werden für einige wissenschaft-liche Zeitschriften Beiträge vor dem Erscheinen der gedruckten Ausgabe im Internet mit ihrer DOI publiziert. Sie können damit von der Fachöffentlichkeit einige Wochen vor der gedruckten Ausgabe gesucht, bestellt, gelesen und zitiert werden.

Umleitung von DOI-Anfragen über den Handle-Server

Als leicht auch für Online-Dienstleistungen anwendbares Abrechnungsverfahren ist das ‘Abonnement’ weit verbreitet. Aber auch spezielle Lizenzen für bestimmte Nutzergruppen und Konsortien finden Anwendung. Besondere Abrechnungsverfahren wie Micro-Payment, die auf der Zeitdauer des Zugriffs oder auf die Informationsmenge bezogen werden, werden derzeit nur in geschlossenen Diensten oder nicht flächendeckend eingesetzt. Der Springer-Verlag ist mit einigen Angeboten im Dienst ‘Global-Learning’ der Deuteschen Telekom vertreten. Auch eine Teilnahme und Demonstration des E-Cash-Prototypen der Deutschen Bank diente der Vorbereitung neuer Dienstleistungen des Verlages.

Die Geldbörse für E-Cash

Zukünftige Entwicklungen sind die Aufnahme von bisher unter den Begriff ‘Buch’ fallenden Publikationen. Es werden multimediale Bücher entwickelt, und Loseblattsammlungen werden zu Expertensystemen, die mittels interaktiver Entscheidungsbäumen Betriebe leiten helfen. Die Vermarktung wird dabei sicherlich nicht nur das Abonnentsverfahren der Zeitschriften über-nehmen. Mit der Einführung des DOI-Systems können Inhalte von Online-Services leicht mit anderen Online-Services im Internet verbunden werden. Ändern wird sich der Erwerb der Information, insbesondere wenn die Verlinkung zur Verrechtung wird, indem qualifizierte Beziehungen zwischen komplementären Informationsangeboten einschließlich der Abrechnungsmöglichkeiten geschaffen werden. Je mehr miteinander intelligent verbundene Information zur Verfügung steht, desto mehr divergiert die elektronische Publikation von ihrem gedruckten Äquivalent. Wie mag wohl die wissenschaftliche Publikation in fünf oder zehn Jahren aussehen?

Adressen:

Webserver des Springer-Verlags: www.springer.de

Medoc-Server des Springer-Verlages: medoc.springer.de

LINK Informationsservice, Heidelberg: link.springer.de

LINK Informationsservice, New York: link.springer-ny.com

Forschungsprojekte des Springer-Verlages: www.springer.de/projekte

Webserver von Global-Info: www.global-info.org