Grußwort des Rektors der Universität Bielefeld, Prof. Dr. Gert Rickheit, zur Tagung "Bibliotheken und Verlage als Träger der Informationsgesellschaft", 10.02.1998, 10.00 Uhr, Stadthalle

Sehr geehrter Herr Dobson, sehr geehrter Herr Müller, lieber Herr Neubauer, meine sehr geehrten Damen und Herren,

zur Eröffnung der Konferenz über Bibliotheken und Verlage als Träger der Informationsgesellschaft darf ich Sie alle - vor allem die ausländischen Gäste, die von weit her gekommen sind - sehr herzlich in Bielefeld begrüßen. Wir dürfen uns auf eine inhaltlich gewichtige und zugleich umfang- und facettenreiche Veranstaltung mit gesamteuropäischem Charakter freuen. Ich danke dem British Council und der Buchhändler-Vereinigung, daß sie sich bereitgefunden haben, zusammen mit unserer Universitätsbibliothek diese Tagung zu organisieren.

Der Sprung in die elektronisch bestimmte Informationsgesellschaft stellt Bibliotheken und Verlage vor die wahrscheinlich größten Herausforderungen ihrer Geschichte, denn noch nie haben sich die technologischen Rahmenbedingungen für ihre Aufgaben in derart rasanter Geschwindigkeit und zugleich geradezu revolutionär verändert. Var allem hinsichtlich der Verlage die ja, anders als die Bibliotheken, auch notwendig profitorientierte Unternehmen sind, konnte dies einen mit Sorge erfüllen. Würden die erforderlichen Investitionen nicht zu einer weiteren Konzentration im Verlagswesen und damit zu einem Verlust der Vielfalt führen. Bringen neue und gewiß nicht triviale urheberrechtliche Fragen die Verlage nicht in erhebliche Bedrängnis und würde das traditionelle Medium Buch nicht über kurz oder lang aus dem Zentrum der Verlagsarbeit verschwinden? Inzwischen hat man als unbeteiligter Laie den Eindruck, daß den Verlagen die Umstellung besser als mancher befürchtet hat gelingt. Zugleich sieht man, daß das Buch sich trotz allem weiter neben den modernen Datenträgern behauptet und daß es Bereiche gibt, in denen es sicher weiter"unersetzlich sein wird. Um einmal ganz lebensweltlich zu argumentieren: wer nimmt schon gern statt eines Krimis in Papierform seinen Laptop mit ins Bett? - Aber selbst an dieser Stelle können wir angesichts der grenzenlosen Kreativität der Ingenieure nicht ganz sicher sein.

Die gewaltigen Vorteile, die Digitalisierung und Vernetzung mit sich bringen, hat inzwischen jeder, der auf wissenschaftlicher Informationen angewiesen ist, selbst erlebt. Der weltweite Zugriff auf Datenbanken, neue Möglichkeiten des electronic publishing oder auch erheblich verkürzte Wartezeichen im Fernleihbetrieb bedeuten Arbeitserleichterungen, von denen man vor wenigen Jahren nur träumen konnte. Gleichzeitig steigt allerdings auch die Menge des Datenmülls, dessen man sich auch im wissenschaftlichen Bereich erwehren muß, in zuvor ungeahnte Dimensionen an. Auch für die öffentlichen Bibliotheken bedeutet die digitale Revolution ein hohes Maß an Herausforderung. Neben der Bereitschaft, wahrscheinlich nicht selten im Kopf vorhandene Barrieren zu beseitigen und sich auf diese neuen Herausforderungen wirklich einzulassen, spielt dabei einmal mehr das Geld eine herausragende Rolle. An dieser Stelle können wir uns in Nordrhein Westfalen für den großzügigen Ausbau der Hochschulbibliotheken nur bedanken. Bei der Informationsgesellschaft handelt es sich aber selbstverständlich um nichts, was an Landesgrenzen stehen bleiben kann. Die Formel vom "global village" ist inzwischen zwar schon etwas viel strapaziert, wird dadurch aber längst noch nicht falsch. Erfreulicherweise laufen auch auf europäischer Ebene zahlreiche Projekte, die eine noch engere internationale und regionale Kooperation im Bibliothekswesen ermöglichen sollen. Daß der Europagedanke allerdings auch seine Kehrseite haben kann, haben wir an der gerade wieder aufgeflammten Diskussion um die Buchpreisbindung gesehen. Ich glaube, wir sollten bei allem Verständnis für Belange der europäischen Einigung als Wissenschaftler und Betreiber von Bibliotheken, aber auch als pluralistisch denkende Bürger, ein großes Interesse an einer möglichst vielfältigen Verlags- und Buchhandlungslandschaft haben!

Meine Damen und Herren, der Weg in die Informationsgesellschaft wirft viele spannende Fragen auf, die sich selbstverständlich in Ihrem Tagungsprogramm wiederfinden. Dabei ist für uns von außerordentlich großem Interesse, aus erster Hand zu erfahren, wie sich die Entwicklung in den Nachbarländern darstellt, Länder nämlich, die Deutschland im Multimedia-Einsatz im Hochschulbereich zum Teil erheblich voraus sind. Allen, die in den nächsten Tagen zu dieser Konferenz beitragen oder dies schon auf organisatorischer Ebene getan haben, möchte ich sehr herzlich danken und Ihnen nun lebhafte und ertragreiche Diskussionen wünschen.