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BIBLIOTHEKSNETZE UND ELEKTRONISCHES PUBLIZIEREN


Ms. A. Iljon, European Commission, DG XIII-E/4,

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich, heute die Eröffnungsrede dieser Konferenz halten zu dürfen und damit von Anfang an den anstehenden Themen und Ihren Auswirkungen eine europäische Dimension geben zu können.

Die Begriffe Bibliotheksnetze und elektronisches Publizieren sind stellvertretend zu sehen für einen allumfassenden, breiten Themenkomplex. Ich möchte meine Ausführungen, von den allgemeinen Rahmenbedingungen ausgehend, auf die Hauptakteure und ihre Rollen sowie auf die derzeitigen und hoffentlich auch zukünftigen europäischen Aktivitäten und Tendenzen konzentrieren - insoweit die Zukunft ja eigentlich schon begonnen hat oder auch weil die Aktionen der Gegenwart die Zukunft ermöglichen beziehungsweise formen werden.

Alle die, die schon mit der Welt der on-line Information vertraut sind, kennen auch das Konzept der Informationsgesellschaft. Eigentlich gibt es dieses Konzept als Vision schon seit mindestens 30 Jahren. Aber damals war diese Vision ein Traum davon, was uns die Technologie ermöglichen könnte, ohne sich dabei Gedanken zu machen oder vorherzusagen, wie sich Technologie und Markt entwickeln würden. Das ist eben das Privileg einer Vision und ihrer Metaphern.

Wenn man die Rhetorik, die dieses Konzept immer noch umgibt, einmal beiseite läßt, dann sind wir endlich an dem Punkt angelangt, wo wir tatsächlich in die Informationsgesellschaft eintreten. Dafür gibt es genügend Anzeichen, wo immer man auch hin schaut. Schon seit langem spricht man über die Konvergenz von Telekommunikation und Computer. Dies findet jetzt im kommerziellen Bereich statt, eben weil es sich nicht mehr um ein isoliertes technologisches Phänomen handelt: Jene Konvergenz ist inzwischen auch in anderen Bereichen zu finden, so zum Beispiel bei den Handwerkszeugen des Büroalltags, den Anbietern elektronischer Informationsdienste und im Medien- und Verlagssektor selbst. Die Technologie, die uns jetzt schon zur Verfügung steht, bietet neue Möglichkeiten, die gleichzeitig auch relativ einfach zu handhaben sind; sie hilft neuen Akteuren die Hindernisse auf dem Weg in diesen Markt zu überwinden; und vor allem gibt sie den Anwendern mehr Macht über die, die diese Technologien entwickeln und liefern. Anders ausgedrückt, elektronische Produkte und Dienstleistungen sind auf der Schwelle dazu, zu einem Allgemeingut zu werden, das nicht mehr nur den Vorgaben der Technologen folgt; dasselbe gilt genauso für informationsbezogene Produkte und Dienstleistungen.

Weitere deutliche Anzeichen für die Informationsgesellschaft sind im politischen und gesetzgeberischen Umfeld zu erkennnen. Die Informationsgesellschaft - oder wie man es auch nennen mag ( die globale Informationsstruktur, die Infobahn und so weiter) ist für die Politiker zu einem "mot-d'ordre" geworden, das in den letzten zweieinhalb bis drei Jahren wie ein Wirbelsturm über die Welt fegte. Die Gruppe der G7 (die sieben einflußreichsten Nationen der Welt) hat sich damit ausführlich beschäftigt; die Europäische Kommission hat unter der Leitung von Vize Präsident Bangemann einen Bericht dazu erarbeitet; jedes Land studiert detailliert ihre Möglichkeiten und ihre wirtschaftlichen, sozialen und juristischen Auswirkungen - nicht zuletzt die Vereinigten Staaten auf Anregung von Clinton und Gore. In Europa gibt es zahlreiche neue Initiativen, so zum Beispiel in Frankreich der Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen für "autoroutes de l'information", die dänischen und finnnischen Berichte zur Informationsgesellschaft, die verschiedenen Foren, die der Bangemann Bericht anregte und vieles mehr.

Es schaut fast so aus, als ob wir nach einer relativ langen Inkubationszeit und kleinen Schritten auf dem Weg des Wandels nun wirklich den Quantensprung in das "Informationszeitalter" geschafft haben.

Dies ist also das Szenarium. Die "Informationsgesellschaft" ist eine Tatsache geworden, und keine Institution, weder des öffentlichen noch des privaten Sektors, selbst wenn sie ultrakonservativ sein sollte, kann es sich leisten, dieses Phänomen zu ignorieren. Dies gilt vordringlich für jene, die am meisten davon betroffen sind, nämlich die, die sich mit Wissen und Information beschäftigen, also mit anderen Worten: Bibliotheken und Verlage. Diese beiden "Institutionen" (mangels eines besseren Wortes) gehören zu einer der traditionsreichsten Kategorien, denn sie besetzen eine unanfechtbare Stellung in der Gesellschaft, die sich über Jahrhunderte entwickelt hat. Sie würden deswegen auch zu den größten Verlierern gehören, sollten sich die Arbeitsweisen drastisch ändern. Das will nicht heißen, daß nicht in beiden Sektoren schon entsprechende Technologien zum Einsatz gekommen sind, die der Unterstützung und Erleichterung der Arbeitsprozesse dienten. Im Gegenteil, die Verlagstätigkeit wurde erleichtert (sogar mit der Konsequenz gesenkter Produktionskosten) und Bibliotheken mußten ihren Betrieb und ihre Dienste umgestalten - vielleicht nicht immer in der originellsten und effizientesten Art und Weise. Es ist als Ironie des Schicksals zu sehen, daß wir uns an der Schwelle zur Informationsgesellschaft und ihrem elektronischen Umfeld damit konfrontiert sehen, daß - gerade wegen der sogenannten neuen Technologien (ein Ausdruck der 70er Jahre) - in den letzten 25 Jahren das Volumen der traditionell gedruckten Publikationen um ein Vielfaches gewachsen ist. Natürlich hat das auch die Last der Bibliotheken bei der Bewältigung ihrer Aufgaben erheblich erschwert. Das wird sich auch nicht über Nacht ändern. Dieses Szenarium enthält jedoch schon, wie die Auster das Sandkorn, das den Anfang eines neuen Zustandes symbolisiert, eine neue Realität mit neuen Vorgehensweisen. Elektronisches Verlegen ist immer noch ein vergleichsweise winziger Teil der Verlagstätigkeit insgesamt. Vieles davon ist in der Praxis noch unbekannt. Es kann auch verschiedene Bedeutungen annehmen, je nach Zuhörerschaft und Sichtweise. Aber so wie auch die Perle in der Auster ist die Verwirklichung vorgegeben. In ähnlicher Weise müssen auch Bibliotheksnetze, angefangen von den menschlichen und organisatorischen über die elektronischen, die entwickelt wurden, um gemeinsam Resourcen zu nutzen und die Aufgaben der Erwerbung und Verarbeitung zu teilen, damit beginnen, den Zugriff auf alle anderen Arten von Informationen, nämlich die elektronischen, anzubieten. Sie müssen nützlicher sein , als nur der gemeinschaftlichen Verwaltung von Ressourcen zu dienen.

Dies ist auch die Gelegenheit, ein fundamentaleres Problem der Informationsgesellschaft anzuschneiden. Kann unsere neue elektronische Informationswelt nur aus Ephemera bestehen, ohne Gedächtnis, ohne künftigen Generationen eine Spur zu hinterlassen? Wie können wir die geeignetste Archivierungsmethode definieren und den langfristigen Zugriff gewährleisten? In Europa haben wir angefangen, diese Probleme im Zusammenhang mit dem Sammelauftrag der Nationalbibliotheken zu sehen. Immerhin schließt das Pflichtexemplargesetz einiger Länder elektronisches Material bereits ein. Unter der Schirmherrschaft von CoBRA wurde Anfang 1995 eine dementsprechende Studie durchgeführt, die in einen Workshop im Dezember 1995 in Luxembourg mündete, um erste Diskussionen zwischen Verlegern und Bibliotheken über relevante Erkenntnisse zu initiieren, ganz besonders natürlich über die Aspekte, die diese beiden Gruppen betreffen. Aus der Sicht der Bibliotheken sind dies zum Beispiel Auswahlkriterien und bibliographische Kontrolle, um einmal von den Kostenauswirkungen abzusehen; aus der Sicht der Verleger schließt dies die Mechanismen und Regeln des Pflichtexemplarwesens mit ein, sowie die zusätzlichen - sprich Mehrwert - Dienste, die Bibliotheken zu bieten erlaubt wäre. Der Bericht dieser Studie wird 1996 von der Europäischen Kommission veröffentlicht werden, und die ersten Schritte zum Dialog werden von einer der CoBRA Arbeitsgruppen weiter geführt werden. In den Vereinigten Staaten beschäftigen sich die Kommission für Erhaltung und Zugriff und die Gruppe der Forschungsbibliotheken mit diesem Komplex, über ein Sonderkomitee, das ein weites Spektrum an Interessen vertritt und das einen Bericht vorgelegt hat, der die technischen Auswirkungen der Archivierung digitaler Informationen untersucht. Lösungen sind noch nicht in Sicht, aber wenigstens sind die ersten Schritte in die Wege geleitet.

Die Technologie ist zum Allgemeingut geworden und hat einer Vielfalt von potentiellen Akteuren auf allen Ebenen die Türen geöffnet - dies bezeugt die Popularität und Evolution des Internet und seiner verschiedenen Konstellationen - vom World Wide Web bis hin zur Unterhaltungsindustrie. Und für die nächste Generation ist das inzwischen alles schon selbstverständlich. Diese Faktoren erzeugen einen gewissen Druck auf das Establishment, sich der neuen Umgebung anzupassen: Ich glaube das ist die Essenz des Wandels - wenn sich die grossen Tanker neue Strategien überlegen müssen. Bibliotheken und Verlegern fallen Schlüsselrollen bei der Ordnung des bestehenden Durcheinanders zu, ansonsten kann es nur noch schlimmer werden. Sie können es sich zudem nicht leisten, die falsche Wahl zu treffen, denn sie arbeiten in der Gegenwart und formen die Zukunft. Eine Schwierigkeit liegt auch darin, daß beide - die gedruckten und die elektronischen Publikationen - zu einem Zusammenleben kommen müssen, und zwar für einen noch ziemlich langen Zeitraum. Das fordert einen besonders ausgeklügelten Ansatz. Der Einsatz ist hoch. Genau wie auch Flugzeuge im großen und ganzen den Schiffen den Rang als schnelle Transportmittel abgelaufen haben, genauso könnte es auch sein, daß Bibliotheken und Verleger anderen weichen müssen, die den wachsenden Hunger nach schneller Information befriedigen. Man hört ja schon von den "virtuellen" oder auch "digitalen Bibliotheken", und es steht jedermann offen, ein World Wide Web Verleger zu werden und seine Meinungsfreiheit auszuüben.

Ich glaube, daß sich beide Welten der anstehenden Veränderungen bewußt sind, und daß sie angefangen haben, die Probleme anzugehen und die Herausforderungen anzunehmen. Die Problembereiche sind komplex und vielfältig, und betreffen viele Sparten, nicht nur Bibliotheken und Verlage. Dies bedeutet, daß gemeinsame Lösungen gefunden werden müssen. Die Fragmentierung im Bibliotheks- und Verlagsbereich mag im wirtschaftlichen Sinne nachteilig sein, aber kann auch als Chance für Flexibilität und Dynamik, für Experimente und Erneuerung gesehen werden um zu einer kritischen Masse an Erfahrung zu gelangen. Fragen stellen sich nach einer effizienteren Verteilung von begrenzten Resourcen, bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen, in welchen die Informationsgesellschaft sich bewegen wird (zum Beispiel hinsichtlich intellektueller Eigentumsrechte und Urheberrecht, die Privatsphäre). Andere wiederum sind im sozio-kulturellen Sektor angesiedelt, einschließlich solche die sich auf Erziehung und Ausbildung, und die neuen Fertigkeiten, die zukünftig benötigt werden, auswirken. Es sind auch viele technische Aspekte zu klären, nicht zuletzt im Zusammenhang mit effizienteren Systemen für die Erzeugung und das Management von Information und den Zugriff auf sie, sowie verwandten Dienstleistungen; ferner geht es um die zentrale Rolle von Interoperabilität und Standards und die speziellen Probleme des Zusammenwirkens verschiedener Medien bei der Darstellung von Sachverhalten. Die Konvergenz der Technologien und Akteuren bedingt die Konvergenz von Problemen, die man nicht mehr länger einzeln lösen kann.

Die Programme und Vorgaben der Europäischen Kommission können die notwendigen Veränderungen nicht erzwingen. Sie können richtungsweisend sein und so weit wie möglich kohärente Rahmenbedingungen schaffen; sie können als Stimulant und Anreiz wirken, und die Suche nach gemeinsamen Lösungen erleichtern. Sie müssen nationale Programme ergänzen. Sie können Anschubförderung geben, um Dialog, Kooperation und Experimente zu ermöglichen. Dies ist eine logische Reaktion auf die Tatsache, daß keiner dieser Aspekte nur noch in dem einen oder dem anderen Teilbereich, Land, oder Industrie zu finden ist, oder sich nur noch in einem bestimmten Sektor auswirkt. Es überrascht nicht, daß es dementsprechend auch eine Reihe von EU Programmen gibt, die sich den verschiedenen Facetten oder Aspekten widmen. Obwohl es zum Beispiel kein spezifisches Programm gibt, daß sich nur mit der verlegerischen Tätigkeit beschäftigt, sind doch relevante elektronische Verlagsprojekte zu finden, die von verschiedenen Forschungs- und Entwicklungsprogrammen gefördert werden. Jedes dieser Programme zielt auf einen anderen Bereich, sei es Information Engineering, Erziehung und Ausbildung, Kommunikation oder Hard- und Software. Solche Projekte sind im neuen IT Programm enthalten, im Bereich fortgeschrittener Kommunikationstechnologien und -dienste und in verschiedenen Sektoren des Telematik Programms. Das künftige INFO 2000 Programm wird sich ebenfalls auf die "Inhaltsindustrie" - ein Kernkonzept des Verlagswesens - konzentrieren.

Ich möchte mich jetzt besonders auf unser Programm Telematik für Bibliotheken konzentrieren, denn es hat die meiste Bedeutung für das Thema dieser Konferenz. Im strikten Sinne ist es kein eigenständiges Programm, sondern ein Anwendungssektor des allgemeineren Forschungs und Entwicklungprogramms für Telematik; aber es ist einfacher, es Programm zu nennen. Das erste seiner Art hatte die Laufzeit 1991 bis Ende 1994. Im politischen und finanziellen Sinne ist es beendet, da keine neuen Aktionen mehr daraus entspringen können. Im technischen Sinne ist es jedoch noch sehr lebendig, da bis jetzt nur etwa ein Drittel seiner Projekte abgeschlossen sind, während die Mehrzahl erst Ende 1996 oder im Jahre 1997 zum Ende kommen werden. Wir sahen es als Anlaufprogramm das mobilisieren und ein gewisses Momentum entwickeln sollte, sowie die praktische Erfahrung und Lernkurve für den Veränderungsprozess, der in Gang gesetzt werden mußte, um Bibliotheken und ihre Dienstleistung zu modernisiern, stimulieren sollte. Die Struktur des Arbeitsprogramms sollte die Hauptaspekte, die Bibliotheken beschäftigten, aufgreifen, um eine breite Beteiligung aus allen europäischen Ländern zu ermutigen. Bibliotheksvernetzung war das zentrale, aber nicht das einzige Konzept des Arbeitsprogramms. Etwa 80 Aktionen wurden ins Leben gerufen, ohne dabei Workshops oder ähnliche Veranstaltungen mit zu zählen. 51 davon waren kooperative Projekte mit Kostenbeteiligung, 3 davon sind recht wichtige konzertierte Aktionen (CoBRA, ECUP und EFILA), sowie des weiteren eine Reihe von spezifischen Studien. Die Wirkung der technischen Ergebnisse läßt sich noch nicht im Ganzen abschätzen, da die meisten Projekte noch laufen, aber die Vielzahl der behandelten Themen und angewandten Technologien ist ziemlich beeindruckend. Ich darf Sie auf die Ausgabe vom Oktober 1995 der Zeitschrift "Program" (vol. 29 nø4) hinweisen, die einen Überblick enthält. Eine gewisse Anzahl unserer Projekte haben unter anderem mit Aspekten des elektronischen Publizierens zu tun, hinsichtlich zum Beispiel des Zugriffs auf oder der Lieferung von elektonischen Publikationen. Einige davon werden in Vorträgen auf dieser Konferenz vorgestellt werden. Viele Projekte mußten sich mit Fragen des Urheberrechts beschäftigen, selbst wenn sie nur eine vorübergehende Lösung für die Dauer des Projektes finden konnten. Wie auch immer unterschiedlich sie sein mögen, diese Projekte können nicht auf sich gestellt all die technischen, ökonomischen, juristischen und dienstleistungsbezogenen Probleme aller Bibliotheken lösen. Sie können jedoch als Indikatoren dienen, die Lösungsmöglichkeiten aufzeigen, oder als Grundlage und Bausteine für umfassendere Ansätze.

Der erste Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen im neuen Bibliotheksprogramm erging im März 1995 und erbrachte eine Empfehlungsliste von 14 neuen Projekten und 6 konzertierten Aktionen. Der nächste Aufruf ist für dieses Jahr anberaumt, wahrscheinlich wird er im Juni erfolgen. Der erste Aufruf, man kann es so sagen, schlug eine Brücke zwischen den beiden Arbeitsprogrammen. Dies trägt der Tatsache Rechnung, daß ein neuer Ansatz, wie elegant er auch immer auf Papier formuliert wurde, einige Zeit braucht, um im bibliothekarischen Alltag wahr genommen zu werden. Lassen Sie mich nun unser neues Programm etwas genauer beschreiben. Bibliotheksnetze und vernetzte Bibliotheksdienste stehen immer noch im Mittelpunkt. Die Definition des Hauptzieles, nämlich die Schaffung einer modernen Bibliotheksinfrastruktur als integraler Bestandteil der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, signalisiert jedoch gleichzeitig einen ehrgeizigeren Ansatz. Das Arbeitsprogramm ist in drei Aktionslinien unterteilt:

Diese dreiteilige Struktur stützt sich auf die Annahme, dass mehr und mehr Information in elektronischer Form zur Verfügung stehen wird, erzeugt von Verlagen, anderen Anbietern oder den Bibliotheken selbst. Es wird vorausgesetzt, daß integrierte Dienstleistungen sowohl an Ort und Stelle als auch entfernt angeboten werden müssen. Desweiteren wird angenommen, daß sich Bibliotheken nicht mehr fern halten können von all den anderen vernetzten Informationsaktivitäten, die sich parallel zur traditionellen Verlegertätigkeit entwickeln und im Bereich der wissenschaftlichen Kommunikation an Einfluß gewinnen. Eine der ausdrücklichen Prioritäten ist die Schaffung neuer Allianzen sowohl mit traditionellen Partnern (wie zum Beispiel Verleger und Sortimenter) wie auch mit neuen Partnern (zum Beispiel Anbieter von Netzwerkdiensten). Neue Allianzen bedeuten neue Dialoge, neue Synergien und neue Wege der Kooperation. Die einzelnen Themenbereiche (Call topics) des derzeitigen Bibliotheksprogramms lassen Platz für diese neuen Partnerschaften, da es offensichtlich ist, daß Bibliotheken die Probleme des elektronischen Publizierens im weitesten Sinne nicht erfolgreich lösen können, sei es allein oder mit anderen Bibliotheken. Die anstehenden technischen Probleme sind sehr unterschiedlich und reichen von der Authentifizierung und der Erhaltung elektronischer Dokumente hin zu Fragen der Authorisierung, der Bezahlung, der Definition ökonomischer Modelle, von standardisierten Formaten bis hin zu offenen Architekturen.

Das Programm sollte Gelegenheiten für das Experimentieren in der Dienstleistungsumgebung schaffen, um so den Grundstein für künftige Anwendungen zu legen. Es ist nicht dazu geeignet, das Enigma des elekronischen Publizierens (sei es mono- oder multimedial) an sich zu lösen. Es eignet sich auch nicht für die Behandlung allgemeiner technischer Probleme in diesem Bereich. Dafür gibt es z.B. die spezielle Sektoren Information Engineering und Language Engineering des Telematik Anwendungsprogramms.

Das Verlegen ist eine internationales Geschäft, und Netze machen Informationen allgegenwärtig. Selbst bei Bibliotheksdiensten für lokale Benutzer müssen Bibliotheken sich vernetzen, um Zugang zu diesen Informationen anzubieten. Informationen in elektronischer Form entlarven die Illusion der Unabhängigkeit der einzelnen Bibliothek. In welchen Hauptgebieten gilt es denn nun tätig zu werden? Wie kann jetzige Praxis und Benutzung effektiv mit den neuen Möglichkeiten verbunden werden? Wie kann man wirklich offene Ansätze gewährleisten, die nicht schon von vornherein vielversprechenden Lösungen den Weg versperren? Welche jetzt und in Zukunft gültigen Verfahrensweisen lassen sich definieren? Und, nicht zuletzt, wie sollen die gesetzlichen und regulativen Rahmenbedingungen angepasst werden, um den Fortschritt zu erleichtern und nicht zu behindern? Bibliothekare und Verleger müssen gemeinsame Lösungen finden, neue Wege zur Synergie und eine gemeinsame Vision für die Zukunft. Die Initiativen, die wir begonnen haben, stehen allen offen. Alle Länder können dazu einen wertvollen Beitrag leisten. Dies ist die europäische Dimension.


Sekretariat der Bibliothek der Univerisität Bielefeld